gewaltfreier Widerstand

gewaltfreier Widerstand
gewaltfreier Widerstand,
 
Bezeichnung für Aktionen, die von Gruppen oder einzelnen Personen unter Berufung auf die Gewissensfreiheit zwar ohne Mittel der Gewalt, aber oft unter bewusster Hinnahme von Gesetzesverletzungen gegen Inhaber der Staatsgewalt durchgeführt werden. Die Verfechter solcher Widerstandsformen begründen ihre Aktivitäten damit, nur auf diesem Wege ohne revolutionäre (d. h. Gewalttätigkeiten einschließende) Mittel gegen ein als ungerecht empfundenes Herrschafts- und Gesellschaftssystem vorgehen oder einzelne, als Verstoß gegen die Grundrechte des Menschen gewertete Maßnahmen des Staates bekämpfen zu können. Geprägt von basisdemokratischen Vorstellungen (Demokratie), soll der gewaltfreie Widerstand die Entwicklung von Gewalt und Gegengewalt verhindern sowie darüber hinaus die Demokratisierung der Gesellschaft und die Emanzipation des Menschen in ihr fördern. In der rechtspolitischen Diskussion ist es jedoch umstritten, ob sich die Befürworter des gewaltfreien Widerstandes in jedem Fall auf das verfassungsrechtlich geschützte Widerstandsrecht berufen können.
 
Der gewaltfreie Widerstand, oft von Bürgerinitiativen getragen, entwickelte viele Aktionsformen, z. B. Protestveranstaltungen (u. a. öffentliche Versammlungen, Demonstrationszüge, Menschenketten, symbolisches Massensterben), passiven Widerstand (u. a. Steuerboykott, Sitzstreik), zivilen Ungehorsam (Übertretung oder Nichtbeachtung von VO und Gesetzen), Besetzung oder Blockade öffentlicher Einrichtungen und Institute (begrenzte Regelverletzungen, wie bestimmtes passives Störverhalten, gelten nicht als gewalttätig); einzelne oder kleine Gruppen treten oft in den Hungerstreik.
 
Im bewussten Gegensatz zum Revolutionsgedanken entwickelten v. a. Mahatma Gandhi und M. L. King im 20. Jahrhundert Vorstellungen des gewaltfreien Widerstandes, Gandhi im Kampf gegen die Diskriminierung der Inder in der Südafrikanischen Union (heute Republik Südafrika) und gegen die britische Kolonialherrschaft in Indien (Ahimsa), King als Führer der schwarzen Bürgerrechtsbewegung in den USA. In den 70er- und 80er-Jahren entwickelte die Friedens- und Ökologiebewegung die Vorstellungen des gewaltfreien Widerstandes fort. (ziviler Ungehorsam)

Universal-Lexikon. 2012.

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